Von "Knorr's Restaurant" zur Gaststätte "Krüpelsee-Paradies"

  Ein Ort, an dem Kulturdenkmale verfallen (oder abgerissen werden!)
ist wie ein Mensch, der sein Gedächtnis verliert

EIN KAPITEL DER ZERNSDORFER GESCHICHTE VERSCHWINDET FÜR IMMER!

 

 

Knorr's Restaurant, Postkarte von 1920

Knorr's Restaurant
Postkarte um 1900

 

 

Knorr's Restaurant, Werbung, 1927

Werbung für Knorr's Restaurant
im "Illustrierten 
Führer für Königswusterhausen & Umgebung", 1927
Darin:  Über 350 Jahre durch die Familie geführt (seit ca. 1570!)

 

 

31. März 2004
   Wer in jenen Tagen durch Zernsdorf fuhr, bemerkte an der "Friedensaue", dem Platz in der historischen Ortsmitte,
   große Veränderungen. Man begann das alte Haus der Gaststätte "Krüpelsee" (Friedensaue 3 b)  abzureißen.

 

Knorr's Restaurant, Postkarte von 1912

Knorr's Restaurant, Wasserseite, Postkarte von 1912

Ein Stück der Erinnerung an viele fröhliche Stunden bei Musik und Tanz im Saal, an so manche wortreiche Diskussion beim Bier am Tresen, an fröhliches Kinderlärmen im Garten ist für immer dahin. Schon vor Jahren haben sich nach dem letzten Gast die Türen für immer geschlossen. Ein Grund, die über vierhundertjährige Geschichte in Gedanken noch einmal vorbeiziehen zu lassen!
Schon weit vor 1830 gab es an dieser Stelle der Dorfaue einen Dorfkrug. Er war der damalige gesellschaftliche Mittelpunkt des kleinen Dörfchens. Nach 1900 machten zahlreiche Postkarten Werbung für "Knorr’s Restaurant" (Besitzer Julius Knorr und in späterer Zeit Otto Radke)  und luden somit zahlreiche Gäste aus Nah und fern nach Zernsdorf ein. Doch auch die Zernsdorfer Arbeiter aus den Ziegeleien und den Industriebetrieben waren hier oft und gern zu Gast. Am 28. Juni 1903 gründete sich in "Knorr’s Restaurant" der Männerchor "Freie Sänger" Zernsdorf.
 

Märkischer Ruderverein Festschtift - Ausschnitt

Aus: Festschrift zum 100jährigen Bestehen
des Märkischen Ruderverein e.V. Berlin,

Ideal am Krüpelsee gelegen, legten an den Stegen nicht nur Boote an, sondern auch Dampfer brachten regelmäßig Gäste in Haus und Garten.
Der Märkische Ruderverein e.V. erwähnte 1926 in einer Festschrift zum 25jährigen Bestehen, dass 1904 mit Knorr in Zernsdorf eine Abmachung getroffen wurde,
Grund und Boden für die Errichtung einer Bootsunterkunftshütte zur Verfügung zu stellen. In der Festschrift zum 100jährigen Bestehen des Vereins ist die nebenstehende Notiz entnommen, "Märkischer Ruderbote" Nr. 3 vom 10. Mai 1905.

Langen Bestand hatte das kleine Boothaus nicht; es wurde bald nach Kablow verlegt. Daraufhin wurde der kleine Bootschuppen wurde zum "Logierhaus" ausgebaut – die "Tagesgäste" konnten nun für längere Zeit bleiben und als "Sommerfrischler" Natur und Ruhe am Ufer des Krüpelsees genießen.

In der DDR-Zeit kehrten die Gäste in der Konsum-Gaststätte nun unter dem "Krüpelsee-Paradies" ein. Im "Logierhaus" und im zweiten Geschoss des Gaststätten-Gebäudes vermietete ein Betrieb aus Bestensee Ferienzimmer an Urlauber.

Um 1989 bemühte sich ein privater Betreiber kurze Zeit um den Fortbestand dieses gastlichen Ortes – vergebens - er müsste schließen!
Nach der sogenannten Wende hatten sich in den neuen Bundesländern die Urlaubsziele und Gaststättenbesuche der Menschen total verändert. 

 

Das Anwesen wurde schließlich verkauft. Der neue Investor versuchte das ehemalige "Logierhaus" nach neuem Standard für einen Vermietungsbetrieb herzurichten. Ihm ging leider auch die "Puste" aus. Das Gaststättengebäude, ehemals ein Schmuckstück, wurde eine unansehnliche "Dreckecke". Noch 1997 steht in der Presse (WochenSpiegel vom 19.02.1997), dass sich die Gaststätte "nach den Wünschen von Eigentümer und Gemeinde bald in einem neuen Outfit präsentieren und dann wieder als gastronomische Einrichtung den Gästen und Anwohnern Zernsdorfs offenstehen" würde. Ausgeträumt der Traum!
Wieder wurde das Grundstück an Privat verkauft. Der neue Eigentümer ließ das ehemalige Logierhaus nun zur exklusiven Ferienwohnung um- und ausgebauen. Im Garten wurde ein modernes Wohnhaus gebaut. Damit hat die Öffentlichkeit den Zugang zum Krüpelseeufer verloren.

Das Haus an der Friedensaue 3b "fällt" - eine schmerzliche Lücke ins Ensemble der alten Bebauung um die alte Dorfaue wurde gerissen und die Zernsdorfer sahen sich ein Stück ihrer Erinnerung beraubt.
Nur noch Großeltern könnten ihren Enkeln erzählen, was und wie es hier einst war.

 

Knorr's Restaurant, Logierhaus, 1924

Logierhaus, Postkarte von 1924

Unterer Garten

Unterer Garten, 1935

Pressenotiz
Dorfaue

Dorfaue, Postkarte von 1924

Oberer Garten

Oberer Garten

 

 

Knorr's Gasthaus Veranda

Verandavorbau, 1912

Straßeseite

Straßenseite um 1940

 

 

Dreckecke

“Dreckecke” - Foto vom 26. August 2000

Abriss-Beginn

30. März 2004  Abriss-Beginn

Abriss-Ende

18. April 2004 - Abriss-Ende

 

8. April 2004 - Abriss-Ende
Zum Schutz des Schuppens auf dem Nachbargrundstück blieb
ein Teil der Seitenwand des Gebäudes “Krüpelsee” stehen.
Ein nostalgisches Erinnerungsstück!? 

 

 

 

 

(Bearbeitungsstand: 29. August 2019)